Effektive Prävention spart 10 Milliarden Euro im Gesundheitswesen
Weißenstadt - Bessere Prävention könnte die Gesundheitskosten in Deutschland um jährlich bis zu 10 Milliarden Euro reduzieren. Das geht aus einer Studie der HSH Nordbank AG hervor, die auf dem 71. Bayerischen Heilbädertag im oberfränkischen Weißenstadt präsentiert wurde. „Doch in Deutschland besteht eine erhebliche Vorsorgelücke“, so der Autor der Studie Thomas Miller. „2015 erreichten die Gesundheitsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung den historischen Höchststand von 202 Milliarden Euro. Nur knapp ein Prozent davon floss in die Prävention.“ Der Bayerische Heilbäder-Verband (BHV) forderte die Politik und die Krankenkassen angesichts dieser Zahlen zum Handeln auf.
„Das Präventionsgesetz des Bundes ist ein guter Ansatz, aber ein zahnloser Tiger. Die Versäumnisse liegen bei den Krankenkassen und beim Gesetzgeber“, sagte der BHV-Vorsitzende Klaus Holetschek. Er forderte die künftige Bundesregierung auf, dem Thema Prävention höchste Priorität zu geben, von den Kassen mehr Leistungen einzufordern und steuerliche Anreize für Arbeitgeber und Arbeitnehmer für Betriebliches Gesundheitsmanagement zu schaffen. „Auch das System des Risiko-Strukturausgleichs der Krankenkassen muss auf den Prüfstand. Davon profitieren vor allem Krankenkassen mit überdurchschnittlich vielen kranken Versicherten.“
Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer hob die Rolle der Heilbäder und Kurorte hervor: „Die Kurorte und Heilbäder im Freistaat sind hervorragend aufgestellt: 2016 verzeichneten wir 5,4 Millionen Ankünfte ein Plus von 6,6 Prozent im Vergleich zu 2016. Gemeinsam mit den rund 43 Millionen Tagesgästen konnte damit ein Umsatz von 4,5 Milliarden Umsatz erwirtschaftet werden. Die Kurorte und Heilbäder haben aber nicht nur einen direkten wirtschaftlichen Effekt. Ihre Leistungen tragen auch entscheidend zur Prävention bei. Jede vermiedene Krankheit kommt natürlich in erster Linie den Menschen zu Gute. Aber auch die volkswirtschaftlichen Effekte sind erheblich. Daher ist es wichtig, dass wir die Prävention künftig noch stärker in unserem Gesundheitssystem verankern.“
In der Studie zur Gesundheitswirtschaft nahm die HSH Nordbank die Gesundheitsausgaben in Deutschland unter die Lupe. „Mit gezielter Vorsorge und Früherkennung ließe sich das biologische Altern der Menschen in gewissem Maße aufhalten“, so Miller. “Gerade im Alter steigen die Ausgaben für Erkrankungen des Stoffwechsels wie Diabetes, des Kreislaufs, des Muskel-Skelett-Systems und bei Neubildungen wie Krebs überproportional an. Diese vier Bereiche kosteten 2017 in Deutschland bei Menschen über 65 Jahre rund 84,4 Milliarden Euro – ein Viertel der gesamten deutschen Gesundheitskosten. Gerade bei diesen Krankheiten kann man mit Prävention viel erreichen.“ Bis zum Jahr 2025 sollen diese Kosten auf knapp 106 Milliarden Euro steigen. Würde es gelingen, die Menschen „biologisch“ um ein Jahr zu verjüngen, könnten die Kosten um 10 Milliarden Euro reduziert werden. „Doch leider gibt es in Deutschland kein System bei der Prävention“, so Miller.
Als weiteren Experten zum Thema Prävention hatte der BHV den Vorsitzenden des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, eingeladen. Er hob hervor, dass drei Viertel des Krankheiten und Todesfälle durch wenige, große chronische Erkrankungen verursacht würden. „Da gibt es große Potenziale bei der Prävention.“ Eine große Herausforderung seien die ungleichen Gesundheitschancen in Deutschland. „Je höher das Einkommen, umso höher ist die Lebenserwartung. Hier liegt eine wichtige, strategische Herausforderung an die Politik und die Krankenkassen.“
Das Präventionsgesetz des Bundes biete mit dem Konzept von „Lebenswelten“ wie Kindertagesstätten, Betriebe, Stadtteilen, Betrieben oder Pflegeeinrichtungen einen guten Rahmen für die Aktivitäten der Krankenkassen. „Hier kann man unabhängig vom Einkommen die persönlichen Gesundheits-Ressourcen gut mobilisieren und steigern“, so Rosenbrock. Doch gerade hier haben die Gesetzlichen Krankenkassen nach den bisherigen Erfahrungen noch viel zu lernen. „Sie müssen sich vernetzen, Kooperationen eingehen, und Prävention auch professionell organisieren. Das ist bisher noch viel zu wenig passiert.“